Zu deiner G17/G19/G45 Einschätzung; Du siehst es zivil, ich nicht so sehr. Ja, die G19 hat für die meisten einen "perfekten" Griff, zumindest wenn man ihn mit blossen Händen benutzt. Mit Handschuhen "fällt" nicht nur mir der kleine Finger jeweils ab dem Griffstück; das Handschuhe nicht nur gegen kalte Finger getragen werden muss ich dabei wohl nicht erwähnen. Das ist zugegeben je nach Schiesstechnik egal, bei mir kontrolliert der Druck über die kleinen Finger aber die Steigung der Mündung, geht also nicht. Die G17 geht für mich vom Griff her; hat aber mit ihrem längeren Schlitten mehrere Nachteile. Sie ragt bei gleicher Holstermontage weiter nach unten und kann somit gerade in Fahrzeugen mehr stören. Ebenso ist sie langsamer aus dem Holster, besonders wenn sie direkt am Gurt montiert werden muss und somit sehr hoch am Körper sitzt. Zudem ist natürlich die längere Visierlinie zwar schön wenn es um Präzision geht, jedoch von Nachteil bei der schnellen Zielerfassung. Zum Schluss das längere Griffstück; solange sie nicht versteckt getragen werden muss spielt das meist keine Rolle, hat ja noch ganz andere Sachen die da am Gurt herumgetragen werden müssen. Es versteht sich natürlich das jemand der eher "small frame" ist, irgendwann ein Platzproblem bekommt wenn man versucht viele "large frame" Gegenstände zu montieren. Du siehst also, die G45 fügt sich ganz gut in das ein was eine "Dienstwaffe" leisten muss ohne wirklich Nachteile zu bringen. Daher sag ich ja, Glock hat das für gut 30 Jahre verpennt.
Wenn man sieht was die verschiedenen Polizeikorps tragen, hat die überwiegende Mehrheit eine Pistole mit G19-Länge und G17-Griffhöhe. Beliebte Pistolen wie z.B. die SIG P228, HK P30 oder HK SFP9 haben, wenigstens sofern ich das beurteilen kann, ziemlich genau das gleiche Konzept (als auch Dimensionen) einer G45.
Zu der Innovation; ich denke du siehst es auch hier durch die zivile Brille, was ja nicht falsch ist; ich antworte aber aus Dienstwaffen-Sicht.
Den beidseitigen Verschlussfang hat Glock entwickelt und eingeführt, weil das FBI eine "ambi"-Pistole wollte. Wieso das erst vor einigen Jahren passiert ist? Na, weil das bei einer Behördenwaffe bis dahin absolut niemand benötigt hat.
Jede Behörde oder Armee die etwas auf sich hält hat irgendwo ein Reglement das den korrekten Umgang mit den Waffen beschreibt, sowohl für Links- wie auch für Rechtshänder versteht sich. Jeder Ausbilder der etwas auf sich hält wird den Schützen sowohl das Schiessen wie auch die Manipulationen auf beiden Händen beibringen. Und natürlich wird jeder Ausbilder der seine Schützlinge mag ihnen sogar einhändige Manipulationen beibringen, für den Fall das der andere Arm mal nicht mehr funktioniert. Eine "ambi"-Waffe ist für den Schützen leichter zu lernen und für den Ausbilder leichter auszubilden, das steht ohne Frage. Über tausende von Wiederholungen wirst du den Unterschied jedoch kaum merken; also ob etwas jetzt mit den Daumen oder dem Zeigfinger gedrückt wird. Das ein Verschlussfanghebel eben nur ein Verschlussfanghebel und kein "Verschluss-loslass-hebel" ist, wäre eine andere Diskussion; aber das FBI hat offenbar festgestellt das ihre "Agents" Superkräfte haben und dadurch Immun gegen Stress (und den dadurch hervorgerufenen Verlust der Feinmotorik) sind.
Du hast natürlich recht mit Kel-Tec, die machen Innovation um der Innovation willen. Ist halt meist etwas das auf Spass ausgelegt ist, mit Ausnahme der Mini-Taschen-Pistolen vielleicht.
Innovativ (also die realistische Version von Kel-Tec) würde ich z.B. SIG Sauer USA nennen; die veröffentlichen gefühlt jeden Monat 10 "neue" Produkte und streichen gleichzeitig 15 "alte" Produkte aus ihrem Katalog. Dazu werden laufend Anpassungen in der Produktionslinie durchgeführt ohne den Namen zu ändern. Somit bleibt eigentlich nur das was funktioniert und/oder Umsatz generiert über längere Zeit bestehen. Hat halt teilweise den Nachteil, dass man entweder ein Produkt mit Kinderkrankheiten kauft oder nicht weiss ob es nun ein "altes Model" ohne die wichtige Änderung ist. Im dümmsten Fall hast du halt nach ~2 Jahren eine Waffe ohne jeglichen Support, da dein Geschmack nicht mit dem Mainstream übereinstimmt. All das sind aber vorwiegend zivile Nachteile, oder halt für kleine Behörden die sich keine ausgedehnten Testreihen leisten können.
Bei Glock sieht Innovation halt anders aus, die produzieren nur das was gefragt oder beauftragt wird. Bei der G19 MHS waren es die "Modularität", manuelle Sicherung und das sie keine Glock Magazine nimmt; G20, G21 und G22 gibt es, weil es das "Miami-Shooting" gab. Für die G31 kannst du dich beim Secret Service bedanken und die von dir erwähnte G46 ist die Antwort auf eine Ausschreibung der deutschen Polizei(en). Die G17M des FBI mit ihrem "ambi"-Verschlussfanghebel hab ich ja oben schon erwähnt. Du als Glock-Fan wirst die Einzelheiten zu all dem viel besser kennen als ich; aber es ist in etwa immer "Innovation auf Kundenwunsch". Existiert das Produkt, lassen sie es im Sortiment und machen ein "Update" alle paar Jahre wieder. Langweilig zum Zuschauen aber für den Benutzer relativ berechenbar; selbst die kleinste Dorfpolizei weiss was sie erhält wenn sie sich ne "Glock XX Gen X" kauft. Oder anders gesagt, was vor 40 Jahren funktioniert hat, also z.B. die "P80", ist auch heute noch "gut" und wird es vermutlich auch für die nächsten 40 Jahre bleiben. Wenigstens solange die Technologie keinen Quantensprung macht.
PS: Schöne Feiertage.