Politiker fordern Waffentragrecht für Schweizer Bürger

  • Ich bin seit langer Zeit hier in diesem Forum am mitlesen, bislang habe ich aber nicht den drang verspürt aktiv an den Diskussionen teilzunehmen. Deshalb zuerst einmal, Hallo.


    Zur Forderung eines erleichterten Waffentragschein für alle Bürger im Zusammenhang mit Terrorismus kann ich wohl nur sagen das dies weder zielführend noch wirksam erscheint. Es ist zwar erfrischend zu sehen, dass sich Politiker öffentlich für Erleichterungen und nicht für Verschärfungen einsetzen, jedoch wird's wohl Symbolpolitik bleiben, wenigstens solange sich die allgemeine Lage nicht massiv verschlechtert und/oder einige gravierende Änderungen im Schengen-Recht vorgenommen würden.

    Vor einigen Jahren wurde übrigens schon eine ähnliche Motion in welcher ein erleichterter Zugang zum Waffentragschein für Polizist*innen gefordert wurde durch den Bundesrat abgelehnt.

    Diese Motion inklusive Begründung und Antwort findet ihr hier: Motion 16.3236


    Nun zum Rest des Thread welcher mich zur Registrierung im Forum veranlasst hat.


    Sofern es mir bekannt ist gibt es in der Schweiz einen gut funktionierenden Prozess mit theoretischer und praktischer Prüfung zur Erteilung des Waffentragscheins. Die Bewilligung wird für eine bestimmte Waffenart und für längstens 5 Jahre erteilt. Sie gilt für die gesamte Schweiz und kann mit zusätzlichen Auflagen verbunden werden.

    Nun, um es gleich vorwegzunehmen, damit gehe ich stark davon aus, dass Personen welche die Prüfungen bestehen, die minimalen Anforderungen für das Waffentragen und den Einsatz der Waffe erfüllen. Dies im übrigen ungeachtet des Bedürfnisnachweises; dieser ist mehr oder weniger nur dazu da, ob die Person zur Prüfung zugelassen wird.


    Mir, jemandem der seit 15 Jahren Schusswaffen besitzt und seit knapp 23 Jahren schiesst, wird beim Lesen dieses Threads übel; Was eigentlich eine Diskussion über die Sinnhaftigkeit oder den Unsinn einer Erleichterung des Bedürfnisnachweis sein sollte, verkommt nach 15 Beiträgen zu einem Wettrennen wer die beste Idee für Verschärfungen, Prüfungserweiterungen und zusätzlichen Hindernissen parat hat. Manches hätte sich z.B. eine GSoA nicht besser ausdenken können. Kein Wunder verlieren wir Abstimmung um Abstimmung und somit unsere spezifischen Rechte.


    PS:

    Jeder Besitzer einer solchen (oder ähnlichen) Bewilligung muss sich bewusst sein, dass er jeden Tag aufs neue mit einem Bein im Gefängnis steht. Verstoss gegen das Waffengesetz, Drohung, Notwehrexzess, unterlassene Hilfeleistung, Körperverletzung, fahrlässige Tötung, Totschlag, Mord... das alles könnte so oder so ähnlich zur Verhandlung stehen. Wem das nicht genügend Motivation zur Aufrechterhaltung und Verbesserung seiner Fähigkeiten ist... nun, dem ist wohl nicht wirklich zu helfen.


    PPS:

    Könnte ein Normalbürger einen Waffentragschein erfolgreich beantragen, würde ich ihm vieles der hier im Thread erwähnten Ausbildungen oder Kompetenzen vorschlagen bzw. empfehlen; zusätzlich wäre eine Ausnahmebewilligung vom Fedpol für Hohlspitzmunition eine gute Idee; Körperliche Fitness mindestens in Ausdauer und Kraft wäre wohl eine weitere Empfehlung, möglicherweise abgerundet mit einem paar "Blumenkohlohren" vom Jiu Jitsu oder MMA.

    Aber ein Tag hat bekanntlich nur 24 Stunden, somit ist es am Inhaber des Tragscheins seine eigene Priorisierung vorzunehmen, er wird schliesslich auch für seine Fehler haftbar gemacht werden.

  • Salut thoemser

    Der Grund warum wir über strengere Vorschrifften sprechen in dem Bereich, ist weil wir über ein Szenario sprechen in welchem als Bedürfnis Selbstverteidigung für das breite Volk giltet und nicht eine Minderheit die in der Sicherheitsbranche arbeiten oder sonst gefärdet sind. Dann kann man einfach nicht die gleichen Regeln führen sonst eskaliert es. Bei einem Sicherheitspersonel ist es klar das dieser Ausbildung hat. Aber wie man in Amerika sieht hat dies nicht jeder der sich bei einer liberalen Tragebewilligung eine Waffe an den Gurt schnallt.


    PS:Ebenfalls muss man halt die Situation schön reden um eher durchzukommen weil es sonst heisst die wollen alle zu cowboys machen :D

    Einmal editiert, zuletzt von domi1997 ()

  • domi1997


    Ich würde es erfrischend finden, wenn wir als Schützen und Sammler nicht in den "Behauptungsmodus" verfallen würden.

    Ein gut gepflegtes Fakten-Wissen oder wenigstens die Bereitschaft seine eigenen "Gefühle" zu fact-checken sind nicht nur im nächsten Abstimmungskampf, welcher bestimmt irgendwann wieder kommen wird, von Vorteil.


    Während die USA in Sachen existierender Waffengewalt ein absolut abschreckendes Beispiel sind, ist es gerade beim zivilen Waffentragen ein interessantes Beispiel. Interessant, aber nicht erstrebenswert, wenigstens für mich, möchte ich hier nur mal anmerken.

    Es existieren dort verschiedene Systeme, namentlich Constitutional Carry, Open Carry und Concealed Carry (fort folgend CCW). Constitutional Carry und Open Carry ist in etwa das was du wohl als "alle zu Cowboys machen" gemeint hast, meist nicht reglementiertes und unlizenziertes Tragen von Lang- und/oder Kurzwaffen in der Öffentlichkeit.

    CCW hingegen ist in den meisten Bundesstaaten bewilligungspflichtig; Stand 2020 besitzen da mehr als 20 Millionen eine solche Bewilligung (entspricht etwa 6% der offiziellen Einwohner der USA). Nun, da auch die Amerikaner eine Variante des Kantönligeists besitzen, ist es schwierig zu sagen was die minimalen Standards dafür sind, einige haben analog zum Schweizer Recht eine theoretische und praktische Prüfung.


    Die unten folgenden Daten sind gemäss einer Anti-Waffen-Organisation, welche Todesfälle im Zusammenhang mit Inhabern einer CCW-Lizenz ausserhalb von Selbstverteidigung zwischen Mai 2007 und April 2020 ermittelt hat:


    1'140 Vorfälle (87 pro Jahr), davon:

    404 Verurteilungen (31 pro Jahr)

    62 Erweiterte Selbstmorde (5 pro Jahr)

    35 "Mass Shooting" (2.5 pro Jahr)

    81 noch in den Gerichten.


    1'371 Tote (105 pro Jahr), davon:

    534 Selbstmord (41 pro Jahr)

    39 ungewollte Schussabgabe (3 pro Jahr)

    20 beim Vorfall getötete Lizenzinhaber (1.5 pro Jahr)

    24 Polizisten (2 pro Jahr)

    167 "Mass Shooting" (13 pro Jahr)


    Diese Daten sind genügend schlimm und stehen sicherlich für sich selbst aber ums ins Verhältnis zu setzen, die letzten erhältlichen Daten der CDC sagen das im Jahr 2018 39'740 Personen (109 pro Tag) an oder durch Waffen gestorben sind. Übrigens, im selben Link wird beschrieben das sie vermuten das zwischen 60'000 bis 2.5 Millionen mal Schusswaffen zur Selbstverteidigung genutzt wurden.


    Das würde auf uns nach "amerikanischen Verhältnissen" heruntergerechnet 516'000 Waffentragscheine bedeuten; ebenfalls würde dies 2.26 Vorfälle mit 2.72 Toten pro Jahr bedeuten; In meinen Augen sieht eine "Eskalation" anders aus, besonders dann, wenn man davon ausgehen muss, dass eine amerikanische CCW Lizenz wahrscheinlich weniger Qualifikation als ein Schweizer Waffentragschein benötigt.


    Ob Selbstmorde und Amokläufe irgendwas mit einer offiziellen Bewilligung zum Waffentragen zu tun haben überlass ich dabei mal jedem selbst zur Beurteilung. Ich hab sie mal drin gelassen da ich nichts schöner Darstellen will als es ist.